Beschaffung von Momentanreserve

Momentanreserve bezeichnet „eine inhärente oder regelungstechnisch umgesetzte Reaktion auf ein Wirkleistungsungleichgewicht, um eine, ggf. auch nur lokale, Überschreitung von Grenzwerten der Frequenzhaltung, die für die Netzstabilität kritisch sein kann, zu verhindern. Unter der inhärenten Reaktion ist die Momentanreserve sowohl aus Synchronmaschinen (Schwungmasse) als auch aus netzbildenden Umrichtern (synthetische Schwungmasse) zu verstehen, die das Ziel hat Frequenzgradienten zu begrenzen. Die Momentanreserve reagiert dabei unverzögert auf kurzzeitige Änderungen des Spannungswinkels, wirkt dem Wirkleistungsungleichgewicht entgegen und begrenzt den Frequenzgradienten im Ursprung. Unter die regelungstechnische umgesetzte Reaktion fallen regelungsbasierte Wirkleistungsänderungen, welche verzögert zur Stützung der Frequenz beitragen."1

Status Quo

Systemauftrennung am 4. November 2006

Die Effizienzprüfung marktgestützter Beschaffung von nicht-frequenzgebundenen Systemdienstleistungen aus dem Jahr 2020 im Auftrag des BMWi kommt zu dem Ergebnis, dass kurzfristig kein zusätzlicher Bedarf an Momentanreserve in Deutschland besteht. Aus diesem Grund ist die marktgestützte Beschaffung dieser Systemdienstleistung derzeit ausgesetzt.

Dem Studienergebnis liegt dabei eine auslegungsrelevante Störung der Primärregelung durch ein 3 GW Leistungsungleichgewicht zugrunde. Im Fall einer Systemauftrennung („Systemsplit“) des europäischen Übertragungsnetzes, wie zum Beispiel am 4. November 2006 geschehen, würden jedoch deutlich höhere Leistungsungleichgewichte und zudem die Lokalität der Momentanreserve relevant. Die Ermittlung des zusätzlichen (lokalen) Bedarfs an Momentanreserve in einem solchen Szenario ist Bestandteil aktueller Studien.

Ausgestaltung im Systemmarkt

Abhängig von den Studienergebnissen und im Falle eines zusätzlichen Bedarfs an Momentanreserve, der nur über eine marktgestützte Beschaffung rechtzeitig gedeckt werden kann, ist es notwendig die aktuelle Ausnahme von der Verpflichtung zur marktgestützten Beschaffung von Momentanreserve zurückzunehmen.

Die aktuellen Diskussionen um den Momentanreservebedarf zeigen, wie wichtig es ist, die Systembedarfe sowie auch deren Auslegungskriterien regelmäßig zu ermitteln und zu überprüfen. Dies ist einer der Grundpfeiler des Systemmarktkonzepts. Sollte sich demnach zukünftig ein zusätzlicher Bedarf an Momentanreserve abzeichnen, würde rechtzeitig ein Beschaffungsverfahren eingeleitet und über die Systemmarkt-Plattform durchgeführt werden.

Weitere Informationen

1 Studie „Effizienzprüfung marktgestützter Beschaffung von nicht-frequenzgebundenen Systemdienstleistungen (NF-SDL)“ auf der  Webseite des BMWI